Früher waren in Ostfriesland Gerichte aus updrögt (getrocknete und insett (gesalzene) Bohnen weit verbreitet und standen im Winter regelmäßig auf dem Tisch. In Zeiten der Selbstversorgung mit Gemüse aus eigenem Anbau war es ein preiswertes Essen , da die Verarbeitung meist Familienangelegenheit war und der Arbeitslohn nicht ins Gewicht fiel. Das teure Fleisch war die Ausnahme und eher den wohlhabenden Bauern und Bürgern vorbehalten.
Heute macht die aufwändige Bearbeitung diese Bohnen zu einer besonderen Delikatesse. In jedem Band stecken mit Ströpen und Aufreihen etwa eine halbe Stunde Arbeit; das Saatgut, Setzen, Pflegen und Ernten nicht mitgerechnet. Deshalb wird ein 1,20 m langes Band mit 300 g Updrögt Bohnen , die aus 1,5 kg frischen Bohnen gewonnen werden und ca. 4 Portionen ergeben, für ca. 6,50 Euro gehandelt.
Bei den Insett Bohnen liegen die Preise zur Zeit bei 3,50 Euro pro kg.
Proberen geit aver studeren
Ein konkretes Ziel sollte deshalb sein, langfristig eine ökonomische Basis zu schaffen, die sich an angemessenen Erzeugerpreisen und Lohnkosten orientiert. Es entstand die Idee, auszuprobieren, ob bei größeren Mengen auch auf andere Trocknungsarten zurückgegriffen werden kann, so dass durch eine Mischkalkulation die aufwändige Handarbeit adäquat bezahlbar wird.
So wurde der Teil, der direkt für die Gastronomie vorgesehen war, lose getrocknet. Zwar mußte jede einzelne Bohne noch geströpt werden, aber das zeitintensive Aufreihen entfiel. Zur Trocknung selbst wurde die Abwärme einer Biogasanlage, ein umfunktionierter Korntrockner und die traditionelle Art mit Sonne und Wind ausprobiert.
Es stellte sich heraus, dass letzteres Verfahren immer noch unschlagbar schnell und ökonomisch ist. Der Kreativität waren dabei keine Grenzen gesetzt.
Um die Wetterabhängigkeit zu reduzieren, wurden zum Beispiel große Mengen auf mit Anhängern verkleideten Holzdielen gelegt, die entsprechend Sonnenstand und Windrichtung flexibel ausgerichtet werden konnten. Andernorts wurden mit Kükendraht bespannte Paletten unter leicht zugigen Überdachungen neben- und übereinander gestapelt.
Auch die Aufhängung der Bänder wurde rationalisiert. Wird traditionell an je zwei gegenüber liegenden Balken ein Nagel eingeschlagen, um die Schlaufen einhängen zu können, so wurde durch das Spannen von zwei Reihen Stacheldraht eine gleichmäßige, schier unerschöpfliche, flexible Aufhängevorrichtung erfunden.
Für die Insett Bohnen ergab sich ein ähnliches Bild. Um den Arbeitsprozess des Schnippelns zu rationalisieren, wurde auch mit elektrischen Küchenmaschinen experimentiert. Auch hier hat sich heraus gestellt, das die gute alte Handkurbelmaschine den Anforderungen der insett Bohne immer noch am besten entspricht, da die langen vertikal geschnittenen Scheiben das grobkörnige Salz anders aufnehmen als die fein geraspelten Teile.
Für die Auslieferung an die Gastronomie wurde schließlich ein Püllpotten-Mehrweg-Pfandsystem in verschiedener Größe entwickelt, die zukünftig eine hygienische Handhabung sicherstellt.
Heute gibt es diese Töpfe auch mit Deckel, bei dem ein Wasserrand den Austritt des typischen Gärungsgeruchs verhindert. EInige Ostfriesen schwören allerdings weiter auf die offenen Töpfe, da ihrer Meinung nach die Qualität des Geschmacks intensiver sei.
Ev hier Bilder modern und traditionell
Der letzte Meilenstein schließlich war die Vermarktung des kostbaren Gemüses. Kam man früher oftmals gar nicht anders an die Bohnen, als seine ganz persönlichen Bezugs- und Abnahmequellen zeitaufwändig abzufragen, da jegliche kommerziellen Strukturen zur Beschaffung fehlten, so verfügt Ostfriesland inzwischen über eine Vermarktungsschiene, die jedem zugänglich und transparent ist. Angebot und Nachfrage wird über eine zentrale Stelle geregelt, die sogar über Internet erreichbar und so auch für Nichtostfriesen. zugänglich ist.